Das Alptraum-Szenario

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Als der Large Hadron Collider am CERN im Jahr 2009 in Betrieb ging, wusste man natürlich nicht, was man mit der Maschine entdecken würde. Wenn das schon vorher klar gewesen wäre, hätte man sich den Aufwand schließlich sparen können! Aber – man hatte diese Investition doch nicht ganz ohne Absicherung gemacht, denn es gab das sogenannte No-Lose-Theorem, ein Argument, weshalb man sich sehr sicher sein konnte, dass der LHC nicht ohne Entdeckung bleiben würde. Es lautete in etwa so:

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Die Quantenwelt mit ihren eigenen Waffen erobern: Die erste Teilchen-Simulation auf einem Quantencomputer?

tl;dr Forscher aus Innsbruck haben ein kleines Quantensystem aus vier Kalziumionen verwendet, um in einer extrem vereinfachten Version der Quantenelektrodynamik die spontane Erzeugung von Teilchen und Antiteilchen zu simulieren.

Während alle geduldig darauf warten, auf der ICHEP-Konferenz im August davon enttäuscht zu werden, dass es doch kein neues Teilchen der Masse 750 GeV gibt welches die Physik revolutioniert hätte, und während der LHC weiter mit Rekordgeschwindigkeit neue Daten sammelt, passieren noch andere spannende Dinge im Dunstkreis der Teilchen- und Hochenergiephysik.

Seit ein paar Tagen macht beispielsweise diese Veröffentlichung in Nature die Runde, in der von der ersten Simulation von Elementarteilchen-Prozessen auf einem Quantencomputer berichtet wird (hier ein frei verfügbarer Preprint, hier die Pressemeldung des Instituts für Quantenoptik).

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Auf zu neuen Ufern, oder – Quo vadis, LHC?

Nachdem vorletzte Woche ein ambitionierter Marder in der Elektrik des Large Hadron Colliders sein tragisches Ende gefunden und damit den leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger der Welt vorübergehend stillgelegt hat, ist nun wieder alles repariert und die Maschine läuft wieder!

Doch was erwartet uns nun an wissenschaftlichen Ergebnissen? Die Pflicht besteht in der genaueren Vermessung der bekannten Teilchen, vor allem des noch „frischen“ Higgs-Bosons, über dessen genaue Eigenschaften es noch viel zu lernen gibt.

Die Kür wäre aber eine Entdeckung. In aller Munde sind derzeit die Hinweise auf ein neues Boson mit der sechsfachen Masse des 2012 entdeckten Higgs-Teilchens. Würde sich herausstellen, dass es sich hier nicht um einen statistischen Ausreißer handelt, sondern tatsächlich um ein neues Teilchen, könnte man das ohne zu viel Übertreibung als den größten Umbruch in der Teilchenphysik seit den 70er Jahren nennen. Denn fast alles, was seitdem in der Teilchenphysik getrieben wurde, ist sehr eng mit der „Theorie von fast allem“, dem sogenannten Standardmodell der Teilchenphysik verknüpft. Es ist die große Theorie der elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkungen, die in den 1960ern von Glashow, Salam und Weinberg aufgestellt und im Anschluss durch verschiedene Arbeiten um die starken Wechselwirkungen erweitert wurde.

Die Entdeckung eines völlig neuen, unerwarteten Teilchens wäre ein regelrechter Befreiungsschlag für die Grundlagenphysik

Es wurden seitdem zwar wichtige teilchenphysikalische Entdeckungen gemacht, die über das Standardmodell in seiner ursprünglichen Form hinausweisen (vor allem, dass Neutrinos eine Masse haben – noch ist unbekannt, wie das funktioniert!), doch wirkliche Entdeckungen neuer Teilchen, die ein völlig neues Fass der Grundlagenphysik aufmachen würden, blieben bisher aus. Das Standardmodell funktionierte als Theorie bisher so gut, dass man schon langsam begann, sich Sorgen zu machen, in welche Richtung die Forschung weitergehen könne. Die Entdeckung eines völlig neuen, unerwarteten Teilchens wäre ein regelrechter Befreiungsschlag, würde ein Tor zu ganz neuer Forschung sowohl aus experimenteller als auch theoretischer Sicht aufstoßen.

Der mit Abstand stärkste Hinweis auf „neue Teilchenphysik“, den wir haben, kommt aus der Astrophysik und Kosmologie – das Standardmodell sagt nichts über die Dunkle Materie aus, denn die bekannten Teilchen haben die falschen Eigenschaften, um sie zu stellen. Es ist sehr plausibel, dass die Dunkle Materie aus Teilchen besteht, die am LHC hergestellt und beobachtet werden können, denn es ist nicht schwer, ein entsprechendes theoretisches Modell aufzustellen – es ist aber alles andere als sicher. So wurden beispielsweise „Axionen“ genannte Teilchen vorgeschlagen, die als Dunkle Materie funktionieren, aber nicht am LHC entdeckt werden können (dazu mehr in meinem Beitrag in der Sterne und Weltraum 08/16).

Daneben gibt es verschiedene etwas rätselhafte Messergebnisse, die auf neue Phänomene hinweisen könnten, aber erst durch weitere Messungen am LHC oder anderen Experimenten bestätigt werden müssen. So legen die sogenannten B-Mesonen ein etwas eigenartiges Verhalten an den Tag, und das Magnetfeld der Myonen scheint etwas von der theoretischen Erwartung abzuweichen.

Jede teilchenphysikalische Messung und Vorhersage kommt mit statistischen und systematischen Unsicherheiten daher. Die Dunkle Materie steht auf einer sehr sicheren empirischen Grundlage, die anderen bisher gesehenen Ungereimtheiten könnten allerdings statischen Ausreißern geschuldet sein – schließlich wird es umso wahrscheinlicher, einen Ausreißer zu beobachten, je mehr Beobachtungen man macht.

Die Messungen des Jahres 2016 werden uns mit etwas Glück Klarheit bringen. Gibt es neue Physik in unserer Reichweite, die die offenen wissenschaftlichen Fragen klären oder neue Einsichten über den Kosmos im Größten und Kleinsten liefern kann?

Abwarten!

Der Graph des Monats: Bosonen-Allerlei

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Graf Graph lässt bitten…

Egal, ob bahnbrechende Jahrhundert-Entdeckungen oder die Diskussion minutiöser technischer Feinheiten – fast immer sind in der Physik Grafiken, Plots, Diagramme mit von der Partie.

In diesem Segment nehmen wir uns mal besonders aktuelle, mal einfach nur interessante oder hübsche Grafiken aus der Teilchenphysik und verwandten Gebieten vor, und erzählen, was man sieht und welche physikalischen Phänomene und Ideen dahinter stecken.

Als Einstieg für unser Graph-des-Monats-Feature haben wir diese schöne Grafik des CMS – Experiments ausgewählt, einem der großen Experimente am Large Hadron Collider. Hier gibt es allerlei zu sehen:

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Was sehen wir in diesem hübschen Bild? Weiterlesen „Der Graph des Monats: Bosonen-Allerlei“