Fast jeder, der dieser Tage die Wissenschaftsnachrichten verfolgt, wird mitbekommen haben, dass am morgigen amerikanischen Unabhängigkeitstag (seit 2012 auch der Higgs-Tag!) die Sonde Juno den Jupiter erreicht. Wochen vorher schon begann auf diversen Podcasts und Blogs die Vorfreude auf diese nächste Heldentat der Raumfahrt.
Auch wenn sie noch von einem vergleichsweise kleinen Personenkreis verfolgt werden, werden wissenschaftliche Ereignisse zunehmend zu gesellschaftlichen „Events“, die gemeinsam erwartet, erlebt und gefeiert werden. Das geschieht in viel kleinerem Rahmen als bei einem Fußballturnier, aber nicht zuletzt dank der sozialen Medien schon wesentlich intensiver als vor 10 Jahren. Gerade wenn es um die inspirierenden Themen geht – die Eroberung des Weltalls, die Anfänge des Universums und darum, was die Welt im Innersten zusammenhält – fühlt man sich inzwischen zumindest ein kleines bisschen wie beim Fußballschauen, nur dass eben nicht gemeinsam mitgefiebert wird, ob der Elfmeter verwandelt wird, sondern dabei, ob die Sonde den fernen Kometen trifft oder die neueste SpaceX-Rakete die Landeplattform. Autokorsos bleiben noch aus, aber das kann ja noch werden.

(Quelle: CERN)
Erklimmt das LHC-Signal für das Higgs-Boson die 5 Standardabweichungen, haben „wir“ Gravitationswellen gesehen? Wie andere Events werfen diese Dinge inzwischen ihre Schatten voraus. Im Fall der Gravitationswellen bei LIGO verbreiteten Physiker wie z.B. Lawrence Krauss schon Monate vor der offiziellen Pressekonferenz relativ konkrete Gerüchte, die dann in den sozialen Medien und Wissenschaftsblogs ihre Runden drehten, bis sie von der konventionellen Presse aufgegriffen wurden.
Dass das für die Experimentatoren der LIGO-Kollaboration mitunter auch frustrierend war, ist durchaus nachvollziehbar, und es hagelte teils bittere Kritik an den Gerüchteköchen – lenken sie nicht die wertvolle gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf sich, die eigentlich den Wissenschaftlern der Experimente zusteht, und stehlen damit deren Moment des Triumphs? Der Konsens unter Wissenschaftlern scheint zu sein, dass abgewartet werden muss, bis alles offiziell fertig und abgesegnet ist, von der entsprechenden Stelle verkündet und dann von der Öffentlichkeit wohlwollend zur Kenntnis genommen werden kann – nur dann ist der Vorgang der hehren Wissenschaft angemessen. Das sehe ich anders.
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